Wenn Dummheit sich mit Gier verbindet,
man sich im Loche wiederfindet…
In der Welt vom Samstag, den 15.12.2018, fand sich ein kleiner Artikel über die Hamburger Steuerfahndung, der ein erfolgreicher Zug gegen die Gold-Mafia gelang. Und in der Tat, die Summen, um die es ging, waren mehr als ein Taschengeld.
80 Millionen Euro sollen die Betrüger bewegt haben, um letztlich den Fiskus und damit uns alle zu erleichtern. Der Steuerschaden soll erheblich sein, wenngleich auch 27 Millionen Euro als Schadensumme hoch erscheinen. Nun gut, die Täter sind verhaftet und gehen ihrer gerechten Strafe entgegen.
Riesenmargen beim Goldhandel?
Der Normalbürger könnte durch diesen Artikel allerdings denken, daß im Edelmetallhandel gewaltige Margen verborgen sein müssen, wenn man aus 80 Millionen Einsatz 27 Millionen Euro Gewinn generieren kann.
Dies schauen wir uns später noch einmal an. Man schreibt, daß das nebulös erstandene Material an eine angebliche „Berliner Scheideanstalt“ geliefert wurde, die mit den Edelmetallen irgendetwas angestellt haben muss.
Was kann damit angestellt worden sein, um einen relevanten Profit zu erzeugen?
Der Goldhandel ist ein sehr schwieriges Geschäft, mit extrem geringen Margen. Es tummeln sich hier eine Vielzahl fragwürdiger Existenzen. Goldpreise sind extrem transparent und durch die täglich einsehbaren Börsenkurse so nackt wie ein Bauchnabel.
Händler, die sich von diesen veröffentlichten Preisen zu weit entfernen, haben am Markt keine Chance. Daher bedienen sich viele Goldhändler auch sog. Lock- und Scheinpreise, die dem unaufmerksamen Kunden hohe Preise im Internet nur vorgaukeln. Zumindest eine Umschmelzung muss stattgefunden haben. Das Ursprungsmaterial hat so seine Form verloren. Lohnend wären dafür also schon Goldbarren, die Mwst.-frei gehandelt werden.
Scheideanstalt in Berlin?
Der Hinweis, es handele sich um eine „Berliner Scheideanstalt“ die beliefert wurde, führt bei uns zum ersten Aufmerken. Denn es gibt in Berlin keine offizielle, echte Scheideanstalt, die tatsächlich im industriellen Maßstab Gold und Silber per Elektrolyse oder nasschemischem Weg trennt.
Hier rächt es sich wohl, daß Staat und Rechtsprechung (z.B. Amtgericht Karlsruhe) sich recht gleichgültig gegenüber der Verwendung dieses wichtigen Begriffes zeigen, wenn jeder Goldaufkäufer an der Ecke den Titel Scheideanstalt nutzen kann, ohne daß er dafür Wettbewerbsklagen fürchten muss.
Schuld daran ist die Rechtsprechung, die diesen Spezialbegriff einfach zu etwas „Generischem“ erklärt. Die häufige Betitelung diverser Edelmetall-Unternehmen führte wohl dazu, obwohl das Wort absolut nichts Generisches in sich trägt, sondern vielmehr eine klar definierbare Tätigkeitsbeschreibung eines Unternehmens der Spezialchemie ist.
Dieses Berliner „Institut“ ist wohl auch eben keine Scheideanstalt, sondern eher nur ein Schmelzbetrieb, der Edelmetalle umschmilzt. Der weitere Wortlaut des Artikels beschreibt dann auch, daß das veränderte Material dann an eine „seriöse Scheideanstalt in Süddeutschland“ weiterverkauft wurde.
Es gibt offensichtlich „seriöse“ und „unseriöse Scheideanstalten“. (sic!)
Wir wissen das schon lange. Die unseriösen sind die, die sich nur so nennen und die tatsächliche Trennung von Edelmetallen eben den echten Scheideanstalten überlassen…
Glücklicherweise wählte man eine „seriöse Scheideanstalt“ in Süddeutschland, denn bei der einzigen seriösen Scheideanstalt des Nordens, der Norddeutschen Edelmetall Scheideanstalt in Norderstedt, wären die Verkäufer mit ihren Granulaten oder dem Wunsch nach Granulation von handelsfähigen Barren auch gescheitert.
Aber wie kann aus kriminellem Goldhandel eigentlich ein so hoher Schaden erwachsen?
Gold und andere Edelmetalle muss man weltweit zu nahezu denselben Kursen kaufen. Es gibt keine billigen Quellen für dieses Material in dem benannten Umfang. Die angegebene Summe lässt auf ca. 200 Kg Material schliessen.
Umsatzsteuerbetrug
Es kann sich nur um Umsatzsteuerbetrug handeln. Aber Gold ist doch als handelsfähiges Metall nach §13b von der Umsatzsteuer befreit. Richtig, aber…
Erklärung
Es wurde möglicherweise von Mittelsmännern steuerfrei eingekauft, z.B. bei Banken, Sparkassen und diversen Goldhändlern. Gold ist teuer und die Summe von 80 Millionen ist schnell und einfach zusammenzukaufen, wenn man über genügend Liquidität und Mittelsmänner verfügt. (Es sind ja nur ca. 200 Kg)
Jetzt käme eine „unseriöse Scheideanstalt“ ins Spiel:
Sie muss beteiligt gewesen sein, denn es greift das Reverse Charge Verfahren, welches die Scheideanstalten als letzte Instanz der Edelmetallverarbeitung zum Umsatzsteuerhandling heranzieht.
Kein seriöser Betrieb verarbeitet handelsfähiges, steuerbefreites Feinmetall höchster Raffinationsqualität, z.B. Barren, nach einem Kauf zurück zum Rohmaterial. Er liefert es über die Börsenplätze sofort an den Edelmetallmarkt oder lässt es in die eigene Produktverarbeitung einfliessen. (Echte Scheideanstalten verfügen ausnahmslos über direkte Börsenzugänge.)
Genau dies muss aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit geschehen sein. Steuerbevorzugte Barren wurden vermutlich einfach geschmolzen und granuliert. Das

Material war damit wieder Rohmaterial und nahm erneut Teil am Umsatzsteuerkreislauf. Die angebliche Herkunft des Granulates belegte man für die seriöse Süddeutsche Scheideanstalt mit gefälschten slowakischen Ursprungsnachweisen. Es handelte sich also um einen Vorsteuer-Betrug.
Industriemetalle
Granulate zählen zu den Industriemetallen und sind in der Steuerpflicht. Hierfür benötigte man vermutlich auch die Scheinfirma, die den Granulatkauf im Ausland bescheinigte. Dann muss das wieder zum „Rohmaterial“ gewordene Gold an eine „Scheideanstalt“ aus Süddeutschland verkauft worden sein. Diese wird dem Berliner „Institut“ scheinbar zusätzlich zum Goldpreis auch die Umsatzsteuer ausgezahlt haben, womit der Mehrpreis i.H. von 19% zum Steuerschaden wurde.
80 Millionen Metallumsatz ergeben nach unserer überschlägigen Berechnung allerdings nur 15.200.000 Euro, aber wahrscheinlich haben wir die wirklichen Zusammenhänge nicht richtig durchschaut…
Anders als man bei oberflächlichem Betrachten des Artikels vermuten könnte sollte, man betonen, daß beim Edelmetallhandel Margen von 19%, in den Bereich der Luftschlösser gehören.