
Etwas reißerisch, der Titel. Aber wir machen uns tatsächlich Sorgen. Da geht noch ein letztes Zucken durch den internationalen Diamanthandel und dann war’s das. Ein weltbekannter Dienstleister im Diamanten-Sektor, die Firma Rapaport, hat eine Online-Umfrage am 05.06.2019 abgeschlossen. Wir beleuchten nachstehend, worum es ging, welche Folgen wir befürchten und sind für Diskussionen offen. Kommentieren Sie gern unten.
Rapaport hat alle Mitglieder online gefragt, ob sie zukünftig Preislisten für synthetische Diamanten liefern sollen. Das Abstimmungsergebnis war: Nein. Bitte lassen. Ob die Firma diesem Votum für immer folgt, bleibt offen. Warum die Diamanten-Industrie dagegen gestimmt hat, dafür gibt es völlig nachvollziehbare Gründe, nämlich:
Labor-Diamanten im Preisverfall
Synthetische Diamanten werden bekanntlich im Labor gezüchtet. Wir kennen es aus anderen technischen Bereichen, dass die verfügbaren Mengen mit der Professionalisierung der Herstellung ansteigen und dann der Herstell-Preis sinkt. Es ist deshalb nachvollziehbar, dass der Preis für die künstlichen Diamanten mit steigenden Produktionszahlen immer weiter sinkt. Während ein sorgsam gezüchteter Diamant bis zu 1ct. Größe derzeit noch ca. 300-500 US-Dollar kostet, wird er vielleicht in kurzer Zeit noch deutlich günstiger sein. Schließlich gibt es weltweit viele Labore, die diese Steine herstellen können. Die Prozesse sind inzwischen sehr weit entwickelt und die Labore durch die Produktion von Industrie-Diamant aufgrund derzeitiger wirtschaftlicher Probleme nicht mehr ausgelastet.
Der natürliche Diamant hingegen wird aus der Erde geschürft. Er ist dort vor einigen Millionen oder Milliarden Jahren entstanden und kam durch Vulkanausbrüche an die Erdoberfläche. Dort findet man ihn nun, in dem man die Erde aufreisst, tiefe Löcher schaufelt, Flußbetten umgräbt oder den Meeresboden absaugt. Nicht alles an der Diamant-Industrie kann man mit einem guten Gewissen als umwelt- und menschenfreundlichen Abbau bezeichnen. Zu groß sind die Diskussionen inzwischen wegen des Raubbaus an der Erde, der möglichen Terrorfinanzierung von armen, ausgebeuteten Minenarbeitern, Kinderarbeit, gierigen Händlern und überhöhten Preisen für die natürlichen Steine. Die Hersteller der künstlichen Diamanten behaupten, ihre Diamanten seien nicht nur echte Diamanten, sondern besser, weil sie alle diese Probleme nicht verursachen.
Wie kann die Diamant-Industrie sich wehren?
Erst kürzlich wurde ein Vergleich des CO2-Abdrucks veröffentlicht. Die Labor-Diamanten werden von den Herstellern intensiv beworben mit den Argumenten, dass ihre Herstellung umweltfreundlicher und insgesamt ethisch einwandfreier wäre, als die der natürlichen Diamanten. Die Minenbetriebe und Händler haben inzwischen begriffen, dass die synthetischen Diamanten kein Zusatzprodukt sind, wie andere Farbedelsteine oder Perlen. Sie sind ein buchstäbliches Austauschprodukt – hergestellt, um anstatt des natürlichen Diamanten verwendet zu werden. Es geht um Verdrängung, nicht Ergänzung.
Die TruCost Studie hat festgestellt, dass die 7 größten Diamant-Produzenten, namentlich ALROSA, De Beers, Dominion Diamond, Lucara Diamond, Murowa Diamonds, Petra Diamonds und Rio Tinto
- gemeinsam netto $16,022 Milliarden Wirtschaftsleistung beitragen
- davon sind $4 Milliarden Zahlungen von Gehältern, Löhnen und Arbeitgeber-Leistungen
- die Mitgliedsunternehmen durchschnittlich das 4,8-fache des Lebensunterhaltslohns für den durchschnittlichen Arbeitnehmer zahlen
- Der Treibhausgas-Fußabdruck pro Karat poliertem Diamanten beträgt nur 160 kg CO2-Emmission pro Karat, 69% weniger als der geschätzte Kohlenstoff-Fußabdruck von im Labor gewachsenem Diamanten (ca. 510kg CO2)
Es ist das erste Mal, dass sich Konkurrenten gemeinsam der Aufgabe stellen, wirklich eine Übersicht zu den gesamten Produktionsbedingungen ihrer Branche zu liefern. Der Kimberley-Prozess, der seit Jahren in der Diamanten-Industrie durchgesetzt wird, bekräftigt den Handel von natürlichen Diamanten aus ethisch einwandfreien Produktionsprozessen. Blut-Diamanten will die Industrie schon seit langem nicht verkaufen und schaltet sie effektiv aus. In der o.g. Studie ist nun sogar ablesbar, dass Labor-Diamanten nicht das Heilmittel der Welt sind, wenn es um das Klima geht. Sie tragen auch nicht bei zur nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung in Entwicklungsländern.
Aber was nimmt der Kunde wahr?
Auf eine Frage von Verge Science unter einem Video über die Herstellung und den Verkauf von Synthetischen Diamanten wurde die Frage gestellt, ob die Synthesen nun als „echt“ gelten sollten. Die am meisten geliketen Anworten sind:
- artificial is best IMO because of the environmental impact of mining real ones. Your friends are not experienced jewelers so if an artificial one looks identical to the real why the need to destroy our planet for the real thing. (2595)
- If you cannot tell them apart, I’d consider a man made diamond. Eco friendly and cheaper. Let De Beers go scam other people. Also, diamonds have a very poor resell value!. Try reselling that diamond to a jeweller or a pawn shop (1571)
- The diamond industry deliberately limits the supply of diamonds to fabricate their notion of scarcity, they also partake in countless heinous acts that violate human rights to get those diamonds for cheap. People in Zimbabwe (including children as young as 11) are enslaved by warlords or rebel militia to mine diamonds in harsh conditions for the diamond companies and many die in doing so (ever heard the term „blood diamond“?) All this is done so they can stockpile tonnes and tonnes of cheap chunks of hardened carbon and then sell them at outrageous prices due to their artificial scarcity, anyone who has tried to resell diamonds after a purchase can tell you that immediately after you buy your diamonds, they become junk. There is nothing natural about „authentic“ diamonds these days, the only natural thing you are buying into is human greed and corruption. So to see the tyrannous diamond industry now struggling with artificial diamonds does put a smile on my face, after all, the bigger they are, the harder they fall. (1317)
- YES they should – they are the same thing. F the dimond industry. they are a-holes (693)
- Let the diamond companies die. They can’t escape their dues. (552)
- Real diamonds should be outlawed once our technology becomes good enough. No point wasting time and energy digging in the ground. Synth diamonds are the future! (519)
- Diamonds can be nice. Why damage the planet for a shiny stone, if the same one ca be made in the factory ? One day the synthetic diamonds will be so cheap that we will use them for decorating floors in fancy rooms. (495)
- Looks like a diamond. Made like a diamond. Chemical make-up the same as diamond.. Guess what it is (437)
- Yes chemically they are the same. (330)
- There is no „opinion“ to be had on the subject. Either the synthetic diamonds are physically indistinguishable from real diamonds, or they aren’t. The rest is simply a narrative woven to give context to vanity. After all, a diamond is what we tell each other it is. (239)
Alle Likes am 07.06.2019, 17:00-17:30 geprüft, diese Art der Stimmabgabe ist dem Medium Internet entsprechend ungenau.
Abgesehen vom üblichen, harschen Getrolle wird beim Lesen dieser Kommentare aber klar: Die Kunden, die demnächst tatsächlich einen echten Diamanten kaufen, müssen sich vor ihren Bekannten und Freunden geradezu rechtfertigen. Wer die publizierten Meinungen der Kunden bei YouTube liest, muss befürchten, dass natürliche Diamanten demnächst ein Nischenmarkt werden, wie hochwertige Perlen und natürliche, unbehandelte Farbedelsteine. Das wird Arbeitsplätze kosten und einen alten, etablierten Wirtschaftsbereich um Milliarden eindampfen. Schmuckhändler werden kurze Zeit ordentlich Kasse machen, da ihre Kunden zwar keine natürlichen Diamanten kaufen, aber aufgrund der gelernten Preisniveaus die Kunstware mit höheren Margen akzeptieren.
Der Traum vom Diamanten als ewiges, romantisches Zeichen der Liebe scheint ausgeträumt.