Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz: Der Staat späht aus und keinen interessiert’s

Ungeachtet der großen Medien wurde im Frühling ein neues Gesetz erarbeitet und im Juni vom Bundesrat verabschiedet- ohne Gegenwehr der Opposition. Das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz verspricht, wonach es klingt: Bürokratie pur. Und noch schlimmer: Mit Einzug des Gesetzes wird das Bankgeheimnis gänzlich abgeschafft. Der Staat hat somit jederzeit Zugang zu den Konten seiner Bürger.

Das neue Gesetz hat in der Medienlandschaft keine großen Wellen geschlagen, obwohl es nach wie vor die Kraft eines Tsunamis besitzt. Im Windschatten der „Ehe für Alle“ wurden im Sommer mehrere Gesetze verabschiedet. Kluger Schachzug und doch ein alter Hut, fragwürdige Gesetze unter dem Deckmantel eines medienrelevanten Themas zu veröffentlichen. Durch den Bundestrojaner ist es nun seitens der Behörden erlaubt, Schadsoftware auf private Rechner zu installieren, das Tafelgeschäft wurde auf 10.000 Euro beschränkt und der Staat darf auf jedes Konto zuzugreifen. Die EU möchte zudem Konten einfrieren, um einen Bank Run zu verhindern. Die Privatsphäre der Bürger wird weiter eingeschränkt und der staatliche Zugang zum privaten Vermögen gelockert.

Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – Was ist das?

Dem Staat beziehungsweise der Steuerbehörde ist es nun jederzeit erlaubt, sich mutwillig Zugang zu Bankkonten zu beschaffen. Der  § 30a der Abgabenordnung wird somit aufgehoben. Das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kunde wird hinfällig – das Bankgeheimnis passé.

Nachdem 2016 der Skandal um die Panama Papers (Steuerumgehung durch Briefkastenfirmen) publik wurde, erarbeitete die Bundesregierung einen Entwurf, der Steuerumgehungsmöglichkeiten mittels der Gründung und Nutzung von Briefkastenfirmen verhindern soll – mithilfe von Auskunfts- und Informationspflichten. Haben Unternehmen ausländische Geschäftsbeziehungen, müssen sie diese der Steuerbehörde in Zukunft offenlegen. Ebenso müssen deutsche Finanzinstitute von sich aus melden, wenn sie Kunden Geschäftsbeziehungen zu Drittstaaten-Gesellschaften vermittelt oder hergestellt haben. Wer dies ignoriert, kann mit Bußgeldern bis zu 25.000 Euro belegt werden.

Zusammengefasst erklärt das Bundesfinanzministerium: „Das Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG) vom 23. Juni 2017 (BGBl. I S. 1682) sieht vor, dass durch erhöhte Transparenz, erweiterte Mitwirkungspflichten der Steuerpflichtigen und Dritter sowie neue Ermittlungsbefugnisse der Finanzbehörden Domizilgesellschaften künftig wirksamer ermittelt werden können. Daneben gibt es Anpassungsbedarf im Steuerberatungsrecht sowie im Bereich der direkten Steuern aufgrund von EuGH-Urteilen bzw. Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission.“

Ausspähung erlaubt

Doch durch die neuen „Ermittlungsbefugnisse“ ist jetzt auch der Weg zur Ausspähung aller inländischer Konten freigegeben. Konten können überwacht und auf diese zugegriffen werden, ohne das man selbst oder die Bank vorab informiert wird. Nicht nur Unternehmen, die Geld am Fiskus vorbeischieben wollen, sondern alle Bürger Deutschlands können zukünftig ohne ihr Wissen und ohne tatsächlichen Verdacht ausgespäht werden. Und das völlig legal.

Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) kritisierte: „Die Steuerbehörden können künftig nach Gutdünken uneingeschränkt Kundendaten durchforsten. Das ist ein weiterer Schritt hin zum gläsernen Bürger.“ Für den Bankenverband „sind Regelungen enthalten, die zu massiven bürokratischen Lasten für Bürger und Unternehmen führen, jedoch keinen entsprechenden Nutzen liefern werden“. Das Gesetz sei „aus steuerrechtlicher Sicht völlig überflüssig.“ Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft erklärten, dass Unternehmen „unter Generalverdacht“ gestellt werden. Doch nicht nur die Unternehmen sind die Leidtragenden, sondern jeder einzelne Bürger kann ohne Vorwarnung einen Einblick der Steuerbehörde auf sein Vermögen durchführen lassen – Ohne Gegenwehr.

Mit allen Mitteln gegen Kriminalität

Der Staat will gegen Steuer- und Terrorkriminalität ankämpfen. Dafür müssen Gesetze her. Und diese sind nicht zum ersten Mal fragwürdig. Im Zuge des vierten Geldwäschegesetzes wurde im Juni der Barkauf von 15.000 auf 10.000 gemindert. Für alle Barkäufe über 15.000 Euro muss der Personalausweis vorgelegt werden. Als Zusatz zum Gesetz wurde entschieden, dass Reisende neuerdings selbst in Transitzonen zur Vorlegung und Anmeldung von Bargeldbeträgen über 10.000 Euro verpflichtet sind. Die Anonymität schwindet. Folglich stieg erneut die Sorge vor einer generellen Bargeldabschaffung (Mehr zum Thema hier). Die Europäische Union befasst sich seit längerer Zeit mit einem möglichen Bargeldverbot. Neben Vorschlägen und Plänen gab es schon eine offizielle Umfrage zum Thema Bargeldbeschränkung. Neben der Geldwäsche soll auch die Terrorfinanzierung durch „kontrollierte Bargeld- und Edelmetalleinfuhren“ verhindert werden. Beides scheint aber den Beigeschmack eines Vorwands für ein Bargeldverbot sowie sogar Goldverbot zu haben.

Im Aktionsplan gegen Terrorfinanzierung, den die EU in den Weihnachtstagen 2016 vorlegte, wird es dem Zoll genehmigt, Gold und Wertpapiere zu konfiszieren, wenn die Vermutung nahe liegt, derjenige könnte diese zur Terrorfinanzierung nutzen oder einer der Terrorfinanzierung involvierten Person nahestehen. Dem Gesetz nach kann persönlicher Besitz von u.a. Gold aus einem willkürlichen Verdacht enteignet werden. Im ganzen Gesetzesentwurf ist an keiner Stelle erläutert wie das direkte Eindringen ins Privatvermögen, die Identifizierung eines Terrorverdächtigen vereinfacht, ihr hilft oder diesen überführt. Auch ist nicht erklärt, wie diese Maßnahme vom modernen Goldverbot einen Anschlag verhindern oder erschweren sollen.

In der EU wird debattiert, beim ersten Anzeichen eines Banken-Ansturms eine Auszahlungssperre von fünf Arbeitstagen am Stück auszulegen. Sollte es zu Ausnahmefällen kommen, soll der Schritt sogar auf 20 Tage erweitert werden können. Die deutsche Regierung soll dafür sein. Mit diesem Notfallplan wollen EU-Abgeordnete Banken vor der Pleite schützen, obwohl gerade solch eine Umsetzung die Krise doch erst herbeiführen würde.

Privatsphäre adé?

Nun kommt mit dem Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz ein weiterer Baustein, der so gesehen, weiter in die Privatsphäre und den Besitz des Bürgers greifen kann. Bereits Mitte August schrieben die Autoren Marc Friedrich und Matthias Weik (Der Crash ist die Lösung) im Focus: „Das Volk jubelt über die „Ehe für alle“ – immerhin betrifft das laut Studien knapp 7,4 Prozent der Bevölkerung – und bekommt nicht einmal mit, dass fast zur gleichen Zeit ein Gesetz in Kraft tritt, welches dem Staat erlaubt, alle Kontoinhaber – ungefähr 99 Prozent aller Bundesbürger über 18 – zu bespitzeln.“

Quelle: CC-BY-SA 3.0)

Besonders gerne werden Sportveranstaltungen genutzt, um fragwürdige Gesetze zu verabschieden. So schrieb Wallstreet-online.de in seinem Artikel Ehe für alle und Rechte für keinen: „Während der Fußball WM 2006 in Deutschland wurde uns in dem Freudentaumel des Sommermärchens eine Mehrwertsteuererhöhung von 16 Prozent auf 19 Prozent serviert und kaum einer hat es bemerkt. Dies war die größte Steuererhöhung der BRD! Zur Zeit der WM 2010 folgte dann eine Krankenkassenbeitragserhöhung. Bei der EM 2012 während Deutschland im Halbfinale auf Italien traf und Millionen vor dem Fernseher saßen, trafen sich sage und schreibe 26 Abgeordnete im Bundestag um das unpopuläre Meldegesetz innerhalb von nur einer Minute zu verabschieden.“ Ungeachtet der großen Medienlandschaft dürfte dies nicht das letzte fragwürdige Gesetz zur Vermögensüberwachung und Enteignung der Privatsphäre sein.

 

(Titelbild: CC-BY-SA 3.0)


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