Heute beginnt in den USA der Prozess gegen den türkisch-iranischen Geschäftsmann Reza Zarrab, dem illegaler Goldhandel mit dem Iran vorgeworfen wird. Der türkische Präsident sieht einen Plot gegen die Türkei. Die amerikanisch-türkische Beziehung ist mehr als angespannt.

Illegaler Goldhandel mit dem Iran

„Komplott gegen die Türkei“ oder „Putschversuch via amerikanisches Gerichtssystem“ ist von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und seiner Regierung zu hören, wenn es um den heute in New York mit der Auswahl der Geschworenen startenden Prozess geht.

Hintergrund: Im März 2016 wird der türkisch-iranische Geschäftsmann Reza Zarrab in Miami festgenommen. Laut Anklage wird ihm und weiteren acht Angeklagten, u.a. Mitarbeiter der türkischen Halkbank, vorgeworfen, US-Sanktionen umgangen zu haben, indem sie iranisches Öl mit türkischem Gold bezahlt haben. Verschleiert haben sie den illegalen Goldhandel zunächst unter einem Geflecht aus Scheinfirmen, die angeblich Lebensmittel ausliefern.

Der 34-jährige Zarrab stand 2013 sogar im Fokus der türkischen Regierung. 2013 kamen Korruptionsfälle, auch aus dem engeren Umfeld Erdogans, ans Tageslicht, in denen auch Zarrab drinsteckte. Mehrere Minister wurden des Amtes enthoben. Die ermittelten Staatsanwälte und Polizisten wurden entlassen oder festgenommen. Die Ermittlungen wurden daraufhin schnell eingestellt. Auf Druck von höchster Stufe. Trotz heftiger Anschuldigungen.

Bereits 2013 vor Gericht

Alleine Zarrab wurde vorgeworfen, den damaligen Chef der Halkbank, Süleyman Aslan, mit 4,5 Millionen US-Dollar geschmiert zu haben, um seine Iran-Geschäfte unbehelligt fortführen zu können. Das Geld wurde bei einer Razzia in mehreren Schuhkartons im Hause Aslans gefunden. Im anschließenden schnellen Prozess gegen Aslan wurde ihm das Geld zurückgegeben. Erdogan sagte damals, dass es sich bei der konfiszierten Summe um „Geld für wohltätige Zwecke“ gehandelt habe. „Der Staat hat nicht einen einzigen Cent verloren“, so Erdogan gegenüber Medien.

Auch Zarrab gelang schnell wieder auf freien Fuß. 2015 konnte sich Zarrab öffentlich reinwaschen und wurde von Erdogan zum „Exportchampion des Jahres“ ernannt. Diese Exporte, die aus illegalem Goldhandel, stammen, können Zarrab nun eine jahrzehntelange Haftstrafe einbringen. Und Erdogan schwer belasten, wie der New York Times zugespielte Tonaufnahmen enthüllen.

Tonaufnahmen belasten Erdogan

Die amerikanische Anklage stützt sich u.a. auf die aufgezeichnete Gespräche, auf denen Zarrab, der ebenfalls verhaftete Vizechef der Halkbank, Mehmet Atilla, sowie der ehemalige Wirtschaftsminister Zafer Caglayan zu hören sind.

Laut «New York Times» geht es in den Aufnahmen um mehrere Treffen mit Erdogan. Laut NZZ „forderte der heutige Staatspräsident die Drei auf, den türkischen Aussenhandel wieder auf ein Rekordniveau zu bringen. Zarrab soll Erdogan Exporterhöhungen um einige Milliarden US-Dollar versprochen haben“. Der Verdacht besteht, dass Erdogan von dem illegalen Goldhandel Zarrabs Bescheid wusste.

Erdogan sieht Komplott

Als Anstifter allen Übels sieht Erdogan seit jeher seinen einstigen Verbündeten Fethullah Gülen. Die Bewegung um den im Exil lebenden Regierungskritiker sollen die Korruptionsermittlungen ein Versuch von Staatsanwälten der Bewegung gewesen zu sein, die Regierung zu diskreditieren. Auch den Putschversuch 2016 sowie die aktuelle Verhandlung um Zarrab kreidet Erdogan der Bewegung an. „Als dieses Komplott scheiterte, haben sie dasselbe Komplott in den USA organisiert“, so der türkische Präsident zum Prozess.

Die türkische Regierung wirft der US-Staatsanwaltschaft vor, dass die Tonaufnahmen illegal aufgenommen wurden und für den Fall somit nicht relevant seien. Die türkische Staatsanwaltschaft hat sogar Ermittlungen gegen die zuständigen US-Staatsanwälte aufgenommen, weil sie die Beweise gefälscht haben sollen und der Gülem-Bewegung nahe stehen. Die Vorwürfe, die USA wollen die türkische Regierung stürzen, nannte das amerikanische Außenministerium „lächerlich“.

Zarrab könnte kooperieren

US-Medien berichteten zuletzt, dass Zarrab im Gegenzug für Straffreiheit eingewilligt habe, gegenüber der Justiz auszusagen. Die US-Kronzeugenregelung könnte Erdogan stark in Bedrängnis bringen, sollte Zarrab aussagen, Erdogan über den illegalen Goldhandel informiert zu haben. Im Vorfeld der Verhandlung soll Erdogan mehrmals – erfolglos – auf die USA eingewirkt haben, die Vorwürfe gegen Zarrab fallen zu lassen. Nun bezeichnet er den Angeklagten als Geisel der amerikanischen Justiz, die ihn zu Falschaussagen zwinge. Das Verhältnis beider Staaten ist auf dem Tiefpunkt.

Zuletzt wurden im Oktober die Visa-Vergabe für türkische Einreisende verboten, nachdem ein türkischer Mitarbeiter des US-Generalkonsulats laut US-Botschaft „völlig grundlos“ in Istanbul festgenommen wurde.

(Titelbild/Quelle: max pixel)

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