Die Türkei folgt dem Beispiel Russlands und stößt deutlich seine ausländischen Währungsdevisen ab. Gleichzeitig wächst der Bestand der türkischen Goldreserven. Seit Beginn des Jahres stiegen die Goldimporte der Türkei bereits um 50 Tonnen mit Tendenz nach oben. Auffällig in den türkischen Goldgeschäften ist der stetige Goldaustausch mit den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das erinnert stark an den Öl-für-Gold-Handel mit dem Iran, welcher internationale Schlagzeilen hervorbrachte, die bis heute hohe Wellen schlagen.
Verhaftungen erzürnen die Türkei
Der türkisch-iranische Geschäftsmann Reza Zarrab wurde am 19.03.2016 bei der Einreise in die USA festgenommen. Die Anschuldigungen: Verstoß gegen die Iran-Sanktionen, Bankbetrug, Geldwäsche. Zarrab soll die Schlüsselfigur bei der Umgehung der Iran-Sanktionen im vergangenem Jahr sein. Ein weiterer wichtiger Akteur im Politskandal ist Mehmet Hakan Atilla, stellvertretender Präsident der türkischen öffentlichen Bank Halkbank. Der Finanzmanager wollte eigentlich an einer Roadshow seines Unternehmens, das zu 51% dem türkischen Staat gehört, teilnehmen. Doch bereits bei der Einreise am Flughafen wurde er festgenommen. Fast genau ein Jahr nach Zarrab. Die Staatsanwaltschaft von New York erhebt gegen Atilla die gleichen Vorwürfe wie gegen Zarrab und unterstellt beiden eine Zusammenarbeit.
Dass versucht wird Sanktionen zu umgehen, ist kein Geheimnis und keine Kunst. Nicht im Fall des Irans und seiner Erfahrung mit Sanktionen speziell aufgrund seines Atomprogramms. Mittelsmänner fand der Iran nicht nur in der Türkei sondern auch in China, Russland oder Tadschikistan. Das besondere an diesem Fall ist jedoch die Nähe zur Familie Erdogan und türkischen Regierung. In der Anklageschrift gegen Zarrab wird Erdoğans Frau Emine erwähnt.
Dessen Organisation hatte Zarrab 4,5 Millionen Euro gespendet. Erdoğan erklärte Zarrabs Fall zur Chefsache, warf der amerikanischen Regierung „bösartige Absichten“ vor und machte Staatsanwalt und Richter zu Verbündeten der Gülen-Bewegung. Nach Atillas Verhaftung gab es erneut heftige Proteste der türkischen Regierung. Die Verhaftung sei ungerecht und politisch motiviert. Die USA habe versucht „den türkischen Staat, die Regierung und den Präsidenten zu beschmutzen“, erklärte Justizminister Bekir Bozdag.
Iran-Sanktionen wurden zum Vorteil
Zu den gegen den Iran verhängten Sanktionen zählten das Embargo gegen iranisches Erdöl und -gas sowie der Ausschluss vom internationalen Finanzsystem. Die Türkei konnte, vermutlich wegen ihres Status als Nato-Staat und möglicher Partner im Syrienkrieg, weiterhin iranisches Erdöl direkt aus dem Nachbarland beziehen. Jedoch unter der Auflage, dass die Geschäfte von Privatpersonen getätigt werden und nicht in US-Dollar gezahlt wird. Bewusst der Stärke des Dollars wollte der Iran aber weiterhin auch so bezahlt werden und nicht mit den weitaus schwächeren türkischen Lira. So einigte man sich auf Gold. Der „Öl-für-Gold“-Deal war perfekt.
Die Goldexporte der Türkei in den Iran stiegen von einer Tonne im Jahr 2011 auf 126 Tonnen 2012. 2013 exportierte die Türkei 85 Tonnen in die Vereinigten Arabischen Emirate, die als Partner das Gold von dort in den Iran schafften. Mittelsmann Zarrab spielte den Goldhändler, die Halkbank wickelte die Geschäfte ab und die Regierung kassierte sozusagen die „Maklergebühr“.
Im Laufe der Zeit wurden die Sanktionen wieder erlassen und der Iran konnte wieder selbst mit anderen Staaten handeln. Während die Affäre um die Iran-Sanktionen also wieder aufkeimt, fallen aktuell auch die neuen Goldgeschäfte zwischen der Türkei und den Vereinten Arabischen Emiraten auf, die nach dem Öl-für-Gold-Deal wohl ein neues Abkommen vereinbarten.
Goldimporte der Türkei: Volk soll nun verkaufen
Die türkische Wirtschaft schwächelt. Die türkische Währung geht am Stock. Die Inflation liegt bei sagenhaften 11,2 Prozent. Für die angeschlagene und so wichtige Tourismusbranche ist ebenso keine Besserung in Sicht. Erdogan forderte sein Volk im Dezember 2016 auf Gold statt US-Dollar zu kaufen. So stiegen die Goldimporte der Türkei. Zudem soll die türkische Zentralbank für die inländische Goldproduktion (zwischen 25 und 34 Tonnen) ein Vorkaufsrecht erhalten, sodass sie bei türkischen Produzenten direkt in der Landeswährung kauft.
Das Volk soll das Land wieder voranbringen und es tatkräftig unterstützen. Besonders Gold ist wie überall auf der Welt eine beliebte Investition und Methode zum Sparen. Nun soll das Gold der Bevölkerung wieder unter der Matratze rausgeholt werden. Laut Vizepremier Mehmet Şimşek hortet das türkische Volk Goldeinsparungen von rund 100 Milliarden Dollar. Dieses gesparte Gold soll nun wieder in die Wirtschaft fließen.
Şimşek gab im April bekannt, dass sie dem Finanzsystem zwei neue, sichere Investitionsinstrumente hinzufügen werden. Gold-Anleihen und Leasing-Zertifikate (Sukuk), die auf Gold laufen. „Mit diesem wichtigen Schritt erhalten unsere Bürger ein zusätzliches Einkommen aus dem Gold, das sie unter ihrer Matratze halten, während die Ansparungen steigen und die Wirtschaft wieder an Dynamik gewinnen wird“, so Şimşek.
Währungsreserven werden geringer
Ob das Volk auf das Angebot eingeht, ist mehr als fraglich. Schon in der Vergangenheit wurde der Bevölkerung hohe Erträge versprochen, die letztlich nicht eingehalten worden sind. Hinter dem Angebot steckt wohl die weitere exportlose Aufstockung der Goldreserven sowie die Stärkung der eigenen Währung. Währungsreserven sollen die Importe bis zu sechs Monate decken können. Sinkt diese Deckung voraussichtlich auf drei Monate, sieht der Internationale Währungsfonds die Alarmglocken leuchten.
Die türkischen Importe haben jährlich einen Wert von rund 200 Milliarden US-Dollar, während die Währungsreserven bei 102 Milliarden US-Dollar liegen. Dies schlägt keinen Alarm, jedoch die Tatsache, dass es im August 2016 noch 122 Milliarden US-Dollar waren. Und während die Währungsreserven weiter fallen und die Goldreserven weiter steigen, fallen in diesem Zusammenhang besonders die Goldflüsse zwischen der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten auf, die an vergangene Geschäfte erinnern.
Immenser Handel zwischen Türkei und VAE
Nach den jüngsten Daten des World Gold Council, die am 2. Mai veröffentlicht wurden, sind die offiziellen Goldreserven der Türkei seit Ende 2016 von 377,1 Tonnen auf 427,8 Tonnen gestiegen. Der aufstrebende Goldhandel erinnert an die Jahre des Öl-für-Gold-Handels mit dem Iran. Im Jahr 2013 hatten die Goldimporte der Türkei ein Rekordwert von 15 Milliarden US-Dollar. Davon 2,8 Milliarden US-Dollar im ersten Quartal. In diesem Jahr meldet das türkische Statistische Institut (TUIK) im ersten Quartal Goldimporte im Wert von 2,7 Milliarden US-Dollar. Fast die Hälfte dieser Einfuhren stammt aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Im selben Zeitraum exportierte die Türkei Gold im Wert von 1,9 Milliarden US-Dollar. Davon ging Gold im Wert von rund 1,7 Milliarden an die VAE. Die fast identischen Zahlen lassen darauf schließen, dass das gleiche Gold monatlich hin- und hergeschoben wird. Aber warum? Um den IWF milde zu stimmen, würde Zahlenschieberei auf Dauer nicht ausreichen.
Wer profitiert?
2013 beliefen sich die Goldimporte der Türkei auf 302 Tonnen. Damaliger Rekord. Dann kam die Affäre um die Iran-Sanktionen an die Öffentlichkeit. Mittelsmännern und Politkern wurde Korruption vorgeworfen und die Regierung startete eine medienwirksame „Säuberung“ in der Polizei und Justiz. Die Goldimporte fielen 2014 auf 131 Tonnen und 2015 auf 49 Tonnen. Mit dem Hin- und Herschieben der Goldlieferungen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten können die Goldimporte wieder auf das Rekordniveau steigen. Wie die türkische Wirtschaft davon profitiert und was sie dafür zahlen muss, ist unklar. Klar ist jedoch, dass die aktuellen Goldgeschäfte zwischen beiden Ländern, die die Vereinten Arabischen Emirate nach Deutschland zum zweitgrößten Importeur türkischer Produkte machen, aufgrund des Skandals um die Iran-Sanktionen einen faden Beigeschmack mit sich tragen.