Auf der Suche nach dem Gold der Romanows

Zum hundertsten Mal jährte sich gestern der Beginn der Februarrevolution in Russland. Sie besiegelte das Ende einer schier ewigen Herrschaft und führte das Land vom Regen in die Traufe. Aber auch Mythen entstanden während und nach der Revolution. Wo versteckte die Zarenfamilie ihren Zarenschatz und wo ist das Gold der Romanows heute? Wo sind all die Besitztümer, die das Fundament des heutigen Russlands als Weltmacht aufbaute?

Gold vor den Deutschen versteckt

Der erste Weltkrieg stellte die Weichen für die spätere Februarrevolution, die ihren Namen während der julianischen Kalenderrechnung erhielt und nach heutigem gregorianischen Kalender am 08. März begann. Schon vor Kriegsbeginn herrschten enorme Lebensmittelknappheit, wirtschaftliche, infrastrukturelle sowie, seit der Revolution 1905, nachhaltige politische Probleme im rückständigen Zarenreich. Aufgrund der militärischen Schwäche war bereits im Sommer 1915 klar, dass Russland sich im ersten Weltkrieg gegen Deutschland nicht lange wehren könnte und immer mehr nach Osten zurückgedrängt wurde. Damals begann Zar Nikolaus II. das Gold der Romanows immer mehr ins Landesinnere zu verfrachten, um es vor dem drohenden Einmarsch der Deutschen in Sicherheit zu bringen. Sibirien war, fernab von Großstädten wie Sankt Petersburg und Moskau, Zufluchtsort des Familienschatzes. 500 Tonnen Goldbarren und Münzen in 28 Eisenbahnwaggons sind allein nach Kasan verschickt worden.

Die Zaren trugen Gold in ihrer Kleidung

Einige Monate nach der Machtübernahme der Bolschewiki durch die Oktoberrevolution wurden die Romanows sowie ihre Belegschaft von einem schnell zusammen geworfenen Exekutionskommando an 17. Juni 1918 in Jekaterinenburg ermordet. In der Nacht geweckt, wurden Nikolaus, seine deutsche Gattin Alexandra, die vier Töchter, der halbwüchsigen Thronfolger Alexej und vier Hofbedienstete hingerichtet. Den erstaunten Augenzeugen nach prallten die Gewehrschüsse von den Körpern ab. Im Nachhinein erwies sich dieser gottgleiche Anblick als im Korsett eingenähte Schmuckstücke, die vereinzelte Kugeln abwehrten. Die Bajonetten erledigten den Rest. Anschließend konnten die Bolschewiki ihren Augen nicht trauen, wieviel Gold, Diamanten, Rubine, Perlen und weitere Schmuckstücke die Toten an sich trugen. Gut eingenäht als Notgroschen für die erhoffte Zeit nach der Deportation. Dies war nur ein geringer Teil im Vergleich zum gesamten Schatz und der Menge an Gold der Romanows im heutigen Wert von 55 Milliarden Euro. Der Zar galt damals als reichster Herrscher Europas. 1.338 Tonnen an Gold sollen die Romanows besessen haben. Des Weiteren Juwelen, Diamanten, Edelsteine, Gemälde – eines der größten Besitztümer und Vermögen in der Historie.

500 Tonnen Gold versunken

Die besagten 500 Tonnen Gold, die Nikolaus nach Kasan verschickt hatte, wurden später in den Wirren rund um die Oktoberrevolution aus dem Kasaner Depot von Weißgardisten erbeutet, die zuvor die Bolschewiken aus den östlichen Städten vertrieben haben. Diese versuchten anschließend, die milliardenschwere Ware über den Baikalsee zu bringen. Doch die Last der Eisenbahnwaggons war zu schwer. Trotz der bereits aus dem russisch-japanischen Krieg bestehenden Schienen brach der zugefrorene See ein. Das Gold soll 1.000 Meter versunken sein. Seitdem ist ein weiterer großer Teil vom Gold der Romanows verschollen. Im Jahr 2010 entdeckten russische Mini-U-Boote allerdings Eisenbahnwaggons und ein goldenes Schimmern am Grund des Sees. Doch über die groß angekündigte Entdeckung wurde es nach und nach wieder stiller. Sieben Jahre später wurde den offiziellen Nachrichten nach immer noch kein Schatz gefunden.

Gold der Romanows bleibt verschollen

Nach seiner Machtübernahme lässt Lenin den Zarenschatz enteignen und handelt in der Folge mit den wertvollen Gütern. Den Schmuck lässt er einschmelzen, um ihn unkenntlich zu machen. Im gesamten Land konfiszierten Lenins Soldaten über die nächsten Monate 35.670 Diamanten, 540 Kilogramm Gold und 377.000 Kilo Silber. Neues Geld soll Russland wieder neue Finanzkraft bescheren auf dem Weg zu Weltmacht. Der Kreml verkauft auf Aktionen in Berlin, Wien, London und New York wertvolle Gemälde, Fabergé-Eier sowie weitere Teile des von ihnen konfiszierten Romanow-Schatzes. Die Suche nach weiteren Fundstücken gaben die Bolschewiken nie auf. Zu groß und zu weit verbreitet waren die Besitztümer der Zaren. Jahre später fanden sie noch weiteres Gold der Romanows, wie 1933 den lang gesuchten Schatz von Tobolsk. Dem Exil der Zaren nach der Februarrevolution. Acht Kilogramm Gold, Diamanten und Edelsteine lagerten im Keller eines Fischhändlers. Doch weitere Funde gab es lange nicht mehr. Die staatliche und private Schatzsuche wurde nach Ende des eisernen Vorhangs 1991 neu eröffnet.

In welchem Besitz sich die meisten Schmuckstücke heute aufhalten, ist ebenso unklar, wie der Standort des restlichen Zarenschatzes. Nur 71 Preziosen sind heute im Kreml zu besichtigen. Und so sind auch nach dem Ende der Sowjetunion Schatzsucher und Historiker wie Nadeschda Danilewitsch auf der Suche nach dem Zarenschatz (zu sehen auf Phoenix am 27.03.17). Erschwerend macht die Suche die geringe bis kaum vorhandene Dokumentation über Auktionen oder damalige Verwahrung der Wertgegenstände. Mehr als 300 Schmuckstücke des Zarenschatz, die nicht erbeutet und eingeschmolzen wurden, sind unauffindbar. Ebenso acht Fabergé-Eier sowie der 1933 gefundene Tobolsk-Schatz mit seinen 154 Schmuckstücken sind weiter oder wieder verschollen. Besonders beliebt sind bei der Suche jedoch die „Blutdiamanten“, die die Töchter und eine Bedienstete in ihrer Kleidung trugen als sie aus den Betten gerissen und ganze 20 Minuten lang brutal hingerichtet worden sind.

Haben Sie Interesse an Goldmünzen zur Zeit der Zaren? In unserem Online-Shop finden Sie unter anderen fünf und zehn Rubel Zar Nikolaus Sammlermünzen

Hintergrund

Bis Anfang 1917 zählte Russland im ersten Weltkrieg acht Millionen getötete Kriegsopfer, Verletzte und Gefangene. Das Volk forderte dringend Reformen, denn das Land stand vor dem wirtschaftlichen und humanistischen Zusammenbruch. Doch der Zar ignorierte des Volkes Ruf und dessen Not. Das führte am 08. März 1917 in Petrograd, dem heutigen Sankt Petersburg und Sitz der Zarenfamilie, zu Arbeiterstreiks und Hungerrevolten. Die Revolution und Revolte zog sich über das ganze Land. Der Zar Nikolaus II. versuchte, die Proteste gewalttätig niederzuschlagen und schuf somit den Weg zum Ende der jahrhundertelangen Zarenherrschaft. Mehr in Sorge um ihr enormes Vermögen, ignorierten sie die mahnenden Forderungen des Volkes, welches sie kurze Zeit später stürzen und anschließend töten sollte.

Nikolaus forderte seine Soldaten auf, die Protestler zu liquidieren, doch diese zeigten zum Teil keinen Gehorsam und schlossen sich den Aufständen an. Soldaten bekämpfen sich gegenseitig in Straßenschlachten. Der Krieg hatte Russland nun von innen erreicht. Die Fürsprecher des Zaren wurden immer geringer oder erfolgreich bekämpft, sodass die Aufstände den Winterpalais erreichten. Die Romanows waren in ihrem Hauptsitz gefangen. Am 12. März gründete sich im heutigen Sankt Petersburg ein Sowjet, ein Rat von Arbeitern und Soldaten. Der Zar musste abdanken und legte seine Krone nieder. Eine Doppelherrschaft aus Duma und Sowjet übernahm die Führung. Die nächsten Monate sahen sich die Romanows in Sicherheit in Tobolsk und bald ein Leben im Exil an der Krim verbringen, doch es sollte anders kommen und an ihnen durch die neue Führung ein Exempel statuiert werden.

Anstatt dass sich die Lage nach der Übernahme der Doppelherrschaft von Duma und Arbeiterpartei entspannte, eskalierte diese nur noch weiter. So kam es später zum nächsten geschichtsträchtigen Ereignis in der russischen Geschichte. In der weitaus brutaleren Oktoberrevolution übernahmen die Bolschewiki unter Lenin die alleinige Macht des Russischen Reiches. Und somit auch das Zarengold, welches sie noch finden konnten. Das neue politische Zeitalter des Sozialismus und Kommunismus wurde für die nächsten Jahrzehnte prägend für noch mehr staatliche Gewalt, Hunger und Krieg.


Füge einen Kommentar hinzu