Kürzlich wurde der krasseste (Un)Fall des einstweiligen Ruhestands bekannt. Ein Politiker wurde nach zwei Jahren Tätigkeit von seinem Amt enthoben – und kassierte seitdem 800.000 Euro Ruhegeld. Nicht das einzige Beispiel der irrsinnigen Scheinrente.

Die Berliner Zeitung machte Hans-Jürgen Kuhn (64 Jahre) am Montag bekannter als ihm lieb sein wird. Der ehemalige Schul-Staatssekretär übte diese Tätigkeit von 1989 bis 1991 aus. Anschließend wurde er, Mitglied der Grünen, von der roten Stadtregierung in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Und kassierte ein sogenanntes Ruhegeld bis zum Eintritt des Rentenalters. Über 2.500 Euro im Monat. Knapp 27 Jahre lang. Macht rund 800.000 Euro. Nebenbei war Kuhn von 1991 bis 2013 Referatsleiter im Ministerium für Bildung, Jugend und Sport im Land Brandenburg.

Kuhn selbst bezeichnete sich als „Nutznießer“ einer Regelung, die er und seine Partei stets ablehnten. “Ich fand das immer ungerecht, was ich fürs Nichtstun kriege“, sagte Kuhn der Zeitung. Gegen das Gesetz hat jedoch niemand verstoßen. Damals reichte tatsächlich ein Tag im Amt, um anschließend in den Ruhestand versetzt zu werden, Jahrzehnte lang Ruhegeld kassieren zu können und dennoch voll zu arbeiten.

Neue Regelung wird umgangen

Die Regelung wurde schon vor Jahren geändert. Um heute in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden zu können, muss der öffentliche Dienst mindestens fünf Jahre ausgeübt werden. Zudem erhält der Versetzte dann auch nur noch für den ausgeübten Zeitraum Ruhegeld. Also ebenfalls mindestens fünf Jahre. Und dennoch wird weiterhin getrickst und umgangen.

Ende Januar berichtete bereits das ARD-Politikmagazins Report Mainz über Fälle des einstweiligen Ruhestands. Immer wieder werden Staatssekretäre in den einstweiligen Ruhestand versetzt, obwohl dies nach Einschätzung von Staatsrechtlern rechtswidrig ist, heißt es aus der Pressemitteilung.

Einstweiliger Ruhestand in einigen Fällen rechtswidrig

Ein bekannter Fall ist der Ruhestand von Engelbert Lütke Daldrup. Dieser wurde im März 2017 neuer Chef des Flughafens BER. Daldrup, Vertrauter des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) und bis dahin Berliner Staatssekretär, wurde von diesem umgehend in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Nun kassiert er neben seinem monatlichen BER-Gehalt von rund 33.000 Euro, 1.321,48 Euro aus seinem Ruhegeld.

Der Staatsrechtler Prof. Hans Herbert von Arnim sagt dazu: „Wenn jemand zu Unrecht in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden ist und dann zu einem sehr üppigen Gehalt auch noch öffentliche Mittel bekommt, das ist dann wirklich ein Skandal.“ Die Versetzung ist nämlich erst dann rechtens, wenn „wenn das Vertrauen zwischen dem Staatssekretär und seinem Dienstherren gestört ist. Erfolgt die Versetzung nach Absprache, auf Wunsch oder allein zum Vorteil des Staatssekretärs, dann ist sie rechtswidrig und der Dienstherr macht sich der Untreue schuldig“, so Report Mainz.

Ein anderer Fall betrifft die hessische Staatssekretärin Bernadette Weyland (CDU). Sie ließ sich im August 2017 auf eigenen Wunsch in den Ruhestand versetzen, weil sie sich auf ihre Kandidatur für das Amt der Oberbürgermeisterin von Frankfurt konzentrieren wollte. „Report Mainz“ zufolge kassiert sie seitdem ein Ruhegehalt von 7.400 Euro pro Monat. Weyland rechtfertigte sich, sie halte dieses Vorgehen für unbedenklich. Später gab sie an, das Geld spenden zu wollen. Prof. Hans-Herbert von Arnim erklärt dazu gegenüber „Report Mainz“: „Eine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand, um sich auf einen Wahlkampf auf den Oberbürgermeister in Frankfurt zu bewerben, ist klar rechtswidrig“. In den letzten zehn Jahren wurden mehr als 200 Staatssekretäre in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Einige zu Unrecht.

Titelbild: maxpixel

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