Das bargeldlose Bezahlen soll voranschreiten – Das Kreditunternehmen Visa startet in den USA eine neue Werbekampagne unter dem Namen Cashless Challenge. In diesem Wettbewerb sollen kleine Unternehmen ab August veranlasst werden, ihre Rechnungen nur noch bargeldlos zu akzeptieren.

500.000 Dollar gegen das Bargeld

50 ausgewählten Restaurants, Bars, Food Trucks und Cafes winkt ein Preisgeld von 10.000 US-Dollar, sollten diese auf das bargeldlose Bezahlen setzen. Von dem Geld werde die „Zahlungsinfrastruktur“ modernisiert, um zeitgemäßiger über das Smartphone bezahlen zu können. Das meiste wird aber wohl für die Werbung verwendet.

„Für Visa bedeutet eine bargeldlose Kultur Bequemlichkeit, Sicherheit und eine vereinfachte Handhabung. Das bedeutet Freiheit – sowohl für Unternehmen, als auch für Kunden“, sagt der globale Visa-Chef für Händler-Lösungen, Jack Forestell. Visa-Geschäftsführer Al Kelly wird deutlicher: „Wir konzentrieren uns darauf, Bargeld aus dem Geschäft zu drängen“

Priorität: Das bargeldlose Bezahlen

Visa ist der Marktführer im bargeldlosen Bezahlen. Mit 59 Prozent aller Kartenzahlungen wurden doppelt so viele Rechnungen beglichen, wie des größten Konkurrenten Mastercard. Das Bargeld ist der nächste Gegner, den man hinter sich lassen will. Und das will argumentiert sein. Nach einer eigens in Auftrag gestellten Studie, dessen offizielle Ergebnisse noch gar nicht öffentlich sind, sollen (nicht näher genannte) untersuchte urbane Kleinunternehmen insgesamt 6,8 Milliarden mehr Umsatz machen und 168 Arbeitsstunden sparen, würde man auf bargeldloses Bezahlen setzen.

Regierungen profitieren

Norbert Häring thematisierte die Werbekampagne bereits vor zwei Wochen. In seinem Beitrag auf geldundmehr erklärt er, dass sogar Regierungen für das bargeldlose Bezahlen prämiert werden.

Visa betrachtet Bargeld seit langem als größten Wettbewerber und arbeitet daran, es zu verdrängen. Bargeld los zu werden ist eine Priorität für Visa-CEO Al Kelly, insbesondere da Bargeld- und Scheck-Transaktionen weltweit weiter zunehmen, schrieb der Dow Jones. Geht es nach Visa soll jeder eine Kreditkarte haben – nicht nur um in einem Hotel einzuchecken, sondern auch, um etwas zu Essen zu bekommen.

Auch Regierungen werden für’s Mitmachen bezahlt

Laut Dow Jones begnügt sich Visa dabei nicht mit Zahlungen an Geschäfte, sondern habe kürzlich auch ein Abkommen mit der polnischen Regierung geschlossen, das Land in Richtung einer bargeldlosen Zukunft zu entwickeln. Tatsächlich gibt es ein Programm „papierloses und bargeldloses Polen“, in dem es unter anderem heißt, um die Bargeldnutzung zurückzudrängen, würden alle öffentlichen Ämter und Autos der Verkehrspolizei mit Kartenlesegeräten ausgestattet. Die Kosten dafür würden durch eine „sehr enge Kooperation“ mit den kartenausgebenden Unternehmen stark reduziert.

Mit Entwicklungsländern, deren klamme Regierungen man leichter kaufen kann, sind solche Abkommen der Kreditkartenunternehmen mit Regierungen schon länger üblich. Auf diese Weise sind dort Kreditkarten in Umlauf gekommen, die nicht nur zur Abwicklung der Lohnzahlungen für Staatsangestellte benutzt werden, sondern gleichzeitig auch als Personalausweis dienen.

Vereinfachte Überwachung

Und natürlich hat die Bargeldabschaffung auch für Regierungen eine enorme Anziehungskraft, denn solche Systeme würden es ihnen ermöglichen, das Verhalten ihrer Bürger viel genauer zu beobachten und zu verfolgen. Argumentiert wird mit der Bekämpfung von Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Terrorismus. Dass dieser Kampf mit der Abschaffung vom Bargeld begründet wird, besitzt jedoch keine empirischen Hintergründe.

Im Interview mit dem Tagesspiegel sagte Carl-Ludwig Thiele, Vorstand der Deutschen Bundesbank:

„Als Gründe für die Einführung einer Bargeldzahlungsobergrenze werden stets die Bekämpfung der Kriminalität, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung genannt. Dass diese bekämpft werden müssen, steht außer Frage. Aber es gibt keine einzige wissenschaftlich fundierte Studie, die die Wirksamkeit einer Obergrenze für Barzahlungen zur Kriminalitätsbekämpfung belegt. Ich befürchte, dass eine solche Obergrenze vor allem die legitimen Nutzer einschränkt. Kriminelle werden dagegen für ihre Machenschaften weiter Bargeld nutzen, weil ihnen das Gesetz egal ist oder weil sie auf ausländische Währungen, Edelmetalle oder Bitcoins ausweichen. Ich rate daher von einer vorschnellen Einführung einer Obergrenze in Deutschland ab. Mir ist auch nicht bekannt, dass es in Ländern mit einer solchen Regelung weniger Kriminalität gibt als bei uns.“

Deutschland wird anvisiert

Noch ist man aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen eingeschränkt, eine solche Aktion auch in Deutschland auf die Beine zu stellen. Dennoch will man auch hier Vorreiter sein und das bargeldlose Bezahlen etablieren. Im Mai erklärte Albrecht Kiel, Visa-Chef für Zentraleuropa, dass sich das kontaktlose Bezahlen in Deutschland im vergangenen Jahr vervierfacht habe. Bis Ende 2018 werden 75 Prozent aller Kassen im deutschen Einzelhandel für kontaktloses Bezahlen geeignet sein. „Wir sehen unsere Aufgabe darin, den digitalen Wandel mitzumachen und darin führend zu sein“, so Kiel.

Freiheit wäre stark eingeschränkt

In der EU wird das Thema seit längerer Zeit diskutiert und bereits vorhandene Obergrenzen auf Bargeldzahlungen könnten europaweit noch stärker minimiert werden. Auch der Besitz von Gold könnte sich neuen Bedingungen unterwerfen müssen. Ein Analyst der IWF hat bereits ein Strategiepapier erfasst, wie das Bargeld verschwinden könnte.

Nimmt man der Gesellschaft das Bargeld, hätte man vollste finanzielle Kontrolle über sie. Extrem gedacht, könnte man ihr Bedingungen auferlegen, die sie erst erfüllen muss, um überhaupt Teil der Gesellschaft zu sein. Die Eröffnung eines Bankkontos, der Erwerb einer Arbeit, das tägliche Einkaufen könnten Vorraussetzungen obliegen, die unsere Freiheit gefährden. Die Ärmsten am Rande der Gesellschaft, die auf Bargeldspenden angewiesen sind, wären die ersten Opfer.

Die Abschaffung vom Bargeld würde uns nur in eine gläserne Gesellschaft führen, in der Privatsphäre auf das Wesentliche minimiert wird. Die Sorge, dass es zu einer flächendeckenden Bargeldabschaffung kommt, bleibt bestehen und ist realistischer, als noch einige Jahre zuvor.

Eine Antwort

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert