Bargeldabschaffung – Schon seit langer Zeit wird das Thema nicht mehr ins Land der Verschwörungsfabeln verbannt. Die Medien sprechen darüber. Denn die Politik trifft Maßnahmen und hat Vorschläge, von denen eine tatsächliche Gefahr ausgeht, dass uns unser Bargeld genommen wird. Die Tendenz zum digitalen Zahlen verstärkt die Sorge.

 

Neue Studie verdrängt Bargeld

Einen Umschwung lässt nun aber eine neue Studie vermuten. Die Bargeldabschaffung wird nicht befürwortet, da diese in der Studie nicht thematisiert wurde. Das Ergebnis lässt die Bargeldgegner dennoch aufhorchen. Die Akzeptanz für digitales Bezahlen steigt. Das Ergebnis einer repräsentativen Allensbach-Studie, die im Auftrag des Vereins „Initiative Deutsche Zahlungssysteme“ erstellt wurde, zeigt, dass die Altersgruppe der 30 bis 44-Jahrigen beim Zahlen lieber zur Karte, anstelle zu Bargeld greift. Im vergangenen Jahr lag der Anteil der Karten-Freunde noch bei 44 Prozent, mittlerweile sind es 51 Prozent. Die Tendenz geht also in die Richtung des digitalen Zahlens. Auch stieg die Akzeptanz bei den Jüngeren. Bei den 16 bis 29-Jährigen stieg der Anteil von 32 auf 38 Prozent. Zwar zahlen die ab 60-Jährigen nach wie vor lieber in bar (81 Prozent), dennoch ging die allgemeine Tendenz zur digitalen Zahlung von 29 Prozent im Vorjahr auf 32 Prozent rauf. Die Initiative Deutsche Zahlungssysteme e.V. mit Sitz in Berlin versteht sich als Netzwerk für Unternehmen und Institutionen, die die bargeldlosen Bezahlverfahren der Deutschen Kreditwirtschaft akzeptieren oder die hierfür notwendige Infrastruktur bereitstellen.

Laut dem Marktforschungsunternehmens GfK besitzen 95 Prozent aller Bundesbürger ein Girokonto, welches von 75 Prozent auch zum Bezahlen der Einkäufe genutzt wird. Und dies soll für die Kunden noch einfacher und möglichst kontaktlos werden. Bei immer mehr Kreditinstituten können Beträge bis 25 Euro ohne PIN-Eingabe oder Unterschrift erworben werden. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) berichtet, dass seit 2016 mittlerweile zehn Millionen Karten mit Kontaktlos-Funktion an Sparkassen-Kunden ausgestellt wurden. Bis Ende des Jahres sollen es 21 Millionen sein und 2019 schon 45 Millionen.

Experten halten an Bargeld fest

So sehr die Angst vor einer Bargeldabschaffung wächst, so sehr wird diese von Experten kritisiert oder für unmöglich gehalten. Die Deutsche Bundesbank gibt sogar mehr Bargeld aus, trotz des Trends zum digitalen Bezahlen. „Wir haben in den vergangenen Jahren ein Bargeldwachstum von sechs Prozent pro Jahr gehabt“, sagte Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele dem Tagesspiegel. Dazu muss man aber auch sagen, dass die Zentralbanken immer mehr Bargeld pressen und die Banken immer mehr Bargeld horten müssen.

„Wer nun glaubt, dass die Eurozone sich vom Bargeld verabschiedet, irrt“, schrieb Yves Mersch, Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), letztes Jahr im Spiegel. Bargeld sei „gedruckte Privatsphäre“. Jüngst sagte er, dass die Bevölkerung ein starke Bindung an das Bargeld habe.

„Absurd“ nannte der Gouverneur der Österreichischen Nationalbank (OeNB), Ewald Nowotny, eine mögliche Bargeldabschaffung. Weiter sagte Nowotny bei Bargeld werde immer die Möglichkeit für kriminellen Missbrauch hervorgehoben. Es gehe aber auch darum, Kosten und Nutzen gegeneinander abzuwägen. „Ich werde einen Missbrauch wie bei vielen anderen Dingen nie völlig vermeiden können.“ Auch „eine generelle Beschränkung der Verwendung von Bargeld ist nicht sinnvoll“.

EU-Bürger gegen Bargeldabschaffung

Die Auswirkung einer Bargeldabschaffung, würden wir recht schnell spüren. Nimmt man der Gesellschaft das Bargeld, hätte man vollste finanzielle Kontrolle über sie. Extrem gedacht, könnte man ihr Bedingungen auferlegen, die sie erst erfüllen muss, um überhaupt Teil der Gesellschaft zu sein. Die Eröffnung eines Bankkontos, der Erwerb einer Arbeit, das tägliche Einkaufen könnten Vorraussetzungen obliegen, die unsere Freiheit gefährden. Die Ärmsten am Rande der Gesellschaft, die auf Bargeldspenden angewiesen sind, wären die ersten Opfer.

Die Abschaffung vom Bargeld würde uns nur in eine gläserne Gesellschaft führen, in der Privatsphäre auf das Wesentliche minimiert wird. Die Sorge, dass es zu einer flächendeckenden Bargeldabschaffung kommt, bleibt bestehen und ist realistischer, als noch einige Jahre zuvor.

Wie wir kürzlich berichteten, lud die Europäische Union bis zum 31. Mai zur Umfrage bezüglich der Beschränkung von Barzahlungen ein. Vor einigen Wochen wurden die Ergebnisse präsentiert: Wenig überraschend ist der Großteil der EU-Bürger gegen eine Bargeldobergrenze. Das Argument für die Bekämpfung gegen Terrorfinanzierung und Geldwäsche konnte die Teilnehmer nicht überzeugen.

Die meisten Teilnehmer der mehr oder weniger neutralen Onlineumfrage kamen nachfolgend aus Deutschland (10.838 Teilnehmer – 37.14 Prozent Anteil), Frankreich (10.838 – 35,75%) und Österreich (5724 – 18,88%). Zusammen machen die drei Teilnehmerländer fast 92 Prozent aller Antworten aus. Keine Überraschung, schließlich gehören Frankreich und Österreich neben Deutschland zu den besonders stark bargeldaffinen Nationen. Wie Studien belegen, dominiert Bargeld weiterhin die meisten Finanztransaktionen. 84 Prozent aller Deutschen können sich nicht vorstellen, jemals vollständig ohne Bargeld zu leben. In Österreich ist Bargeld seit 20 Jahren das beliebteste Zahlungsmittel. 82 Prozent aller Zahlungen werden in bar getätigt, so die österreichische Nationalbank.

Kampf gegen Kriminalität als Begründung

Dass die bereits bestehende Bargeldobergrenze in den Augen der EU nicht einheitlich und weiterhin zu hoch angesetzt ist, ist bereits bekannt. Auch kommen immer wieder Informationen an die Öffentlichkeit, dass man sich mit einer EU-weiten Obergrenze von 5.000 Euro befasst. Selbst ein Goldverbot wird in Erwägung gezogen. Alles für den Kampf gegen die Finanzierung des Terrors und gegen Geldwäsche beziehungsweise Steuerhinterziehung versteht sich. In Deutschland wird die Obergrenze der anonymen Barzahlung in zwei Wochen von 14.999 auf 9.999 Euro gedrückt. Es geht aber noch deutlich geringer. In Italien und Belgien darf anonym bis maximal 3.000 Euro gezahlt werden. Es folgen Spanien (2.500 Euro), Griechenland (1.500 Euro) sowie Portugal und Frankreich mit nur 1.000 Euro. Alle Beträge darüber erfordern das persönliche Ausweisen.

In einem Artikel der Mitteldeutschen Zeitung wird sich mit den Kosten von Terroranschlägen befasst. Von 40 Terroranschlägen hat die Hälfte nicht mehr als 10.000 US-Dollar gekostet. Durch Bargeld-Obergrenzen lassen sich solche verrückten Taten nicht verhindern und auch nicht erschweren.

Die Ideen und Vorbereitungen von Terroranschlägen werden eher im nicht-europäischen Ausland geplant. Dort wo EU-Obergrenzen und Bargeldlimits keinen Einfluss haben. Terrorzellen sind intelligenter als dass sie ein Bargeldverbot von der Umsetzung eines Anschlags abhalten könnte. Oder denkt in Brüssel auch nur ein Abgeordneter, dass digitale Bezahlmöglichkeiten gegen Terrorfinanzierung geweiht sind?

Analyst schlägt schrittweise Abschaffung vor

Ein Analyst des Internationalen Währungsfonds hat ein Arbeitspapier ausgearbeitet, in dessen die schrittweise Bargeldabschaffung thematisiert wird. Einige Länder werden in den kommenden Jahren „höchstwahrscheinlich“ kein Bargeld mehr im Umlauf haben. Somit soll die Abschaffung nicht abrupt, sondern in Schritten vollzogen werden.

Der Analyst schreibt: „Der Prozess der Abschaffung von Bargeld könnte auf anfängliche und weitgehend unkritisch betrachtete Schritte aufbauen, wie zum Beispiel das Ausdünnen großer Geldscheine, die Platzierung von Grenzen bei Bargeldtransaktionen und die Kontrolle von Bargeldbewegungen über Grenzen hinweg. Weitere Schritte könnten die Schaffung von wirtschaftlichen Anreizen zur Verringerung der Verwendung von Bargeld bei Transaktionen, die Vereinfachung der Eröffnung und Nutzung von übertragbaren Einlagen und eine weitere Computerisierung des Finanzsystems sein.“

(Titelbild: istock.com)

Weitere Artikel:

Eine Antwort

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert